Knusprig, salzig und mit dieser charakteristischen braunen Kruste – Laugenbrezeln gehören zu den beliebtesten Backwaren in deutschen Supermärkten. Doch hinter der appetitlichen Optik verbirgt sich eine komplexe chemische Behandlung, über die viele Verbraucher im Unklaren gelassen werden. Was genau macht eine Brezel zur Laugenbrezel, und welche Zusatzstoffe werden dabei verwendet, ohne dass sie deutlich auf der Verpackung stehen?
Die Chemie hinter der perfekten Laugenkruste
Der charakteristische Geschmack und die braune Farbe entstehen durch eine Natronlauge-Behandlung vor dem Backen. Dabei wird Natriumhydroxid (NaOH) verwendet – eine stark alkalische Substanz, die bei unsachgemäßer Handhabung ätzend wirkt. Im Backprozess neutralisiert sich die Lauge zwar größtenteils, dennoch bleiben Rückstände, die nicht immer vollständig deklariert werden.
Besonders problematisch: Viele industriell hergestellte Laugenbrezeln durchlaufen zusätzliche Behandlungsschritte mit Kaliumcarbonat oder anderen Alkalisalzen, um die Bräunung zu verstärken. Diese Hilfsstoffe fallen oft unter die Kategorie „Verarbeitungshilfsstoffe“ und müssen rechtlich nicht immer auf der Zutatenliste erscheinen.
Versteckte Konservierungsmittel in der Zutatenliste
Ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe offenbart weitere überraschende Zusätze. Calciumacetat (E263) wird häufig als „natürlicher“ Konservierungsstoff beworben, obwohl es synthetisch hergestellt wird. Es verhindert Schimmelbildung und verlängert die Haltbarkeit, kann aber bei empfindlichen Personen Magenreizungen verursachen.
Ebenso weit verbreitet ist Natriumdiacatat (E262), das als Säureregulator fungiert und gleichzeitig konservierende Eigenschaften besitzt. Dieser Zusatzstoff steht in Verdacht, bei regelmäßigem Konsum die Darmflora zu beeinträchtigen, wird aber aufgrund seiner geringen Dosierung selten als problematisch wahrgenommen.
Emulgatoren: Die unsichtbaren Texturgeber
Um die perfekte Kruste und Krume zu erzielen, setzen Hersteller auf eine Reihe von Emulgatoren. Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren (E471) sorgen für eine gleichmäßige Textur, können aber je nach Herstellungsverfahren Transfette enthalten. Noch bedenklicher ist Polyphosphorsäure (E452), die als Komplexbildner wirkt und in größeren Mengen die Calciumaufnahme im Körper hemmen kann.
Diese Stoffe werden oft in so geringen Mengen verwendet, dass sie unter die 2-Prozent-Regel fallen und nicht einzeln aufgeführt werden müssen. Stattdessen finden sich vage Begriffe wie „Backmittelmischung“ oder „natürliche Aromen“ auf der Verpackung.
Enzyme: Die unsichtbaren Helfer
Ein besonders intransparenter Bereich sind die verwendeten Enzyme. Amylasen verbessern die Krustenbräunung, Xylanasen optimieren die Teigstruktur, und Lipasen verlängern die Frische. Da Enzyme während des Backprozesses ihre Aktivität verlieren, gelten sie rechtlich nicht als Zusatzstoffe und müssen nicht deklariert werden.
Problematisch wird es, wenn diese Enzyme aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen stammen. Obwohl das Endprodukt selbst nicht als „gentechnisch verändert“ gilt, können Rückstände der Produktionsorganismen im fertigen Produkt verbleiben. Für Allergiker besonders relevant: Enzyme können von Schimmelpilzen oder Bakterien stammen, die Kreuzallergien auslösen.
Versteckte Allergene durch Verarbeitungshilfsstoffe
Die Verwendung von L-Cystein (E920) als Mehlbehandlungsmittel ist ein weiteres Beispiel für versteckte Zusatzstoffe. Dieser Aminosäure-Baustein macht den Teig geschmeidiger und reduziert die Backzeit. Industriell wird L-Cystein oft aus Schweineborsten oder Entenfedern gewonnen – ein Detail, das für Vegetarier und religiöse Gruppen hochrelevant ist, aber selten kommuniziert wird.
Auch Ascorbinsäure (E300) wird nicht nur als Vitamin C zugesetzt, sondern dient als Mehlverbesserer. Synthetisch hergestellte Ascorbinsäure kann bei Menschen mit Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel problematisch sein – eine genetische Besonderheit, die etwa 400 Millionen Menschen weltweit betrifft.
So erkennen Sie bedenkliche Zusatzstoffe
Achten Sie bei der Zutatenliste auf Mehrfachnennungen ähnlicher Stoffe. Wenn sowohl Natriumacetat als auch Kaliumacetat aufgeführt sind, deutet das auf eine höhere Gesamtkonzentration von Konservierungsmitteln hin, als es auf den ersten Blick scheint.
Besonders misstrauisch sollten Sie bei Formulierungen wie „kann Spuren von…“ werden. Diese Kennzeichnung wird oft genutzt, um tatsächlich verwendete Verarbeitungshilfsstoffe zu verschleiern, die rechtlich nicht deklarationspflichtig sind.
Alternative Kaufentscheidungen treffen
Handwerklich hergestellte Laugenbrezeln verwenden meist nur die klassischen Zutaten: Mehl, Wasser, Hefe, Salz und Natronlauge. Der Verzicht auf industrielle Zusatzstoffe bedeutet zwar eine kürzere Haltbarkeit, aber deutlich weniger chemische Belastung.
Bei verpackten Produkten lohnt sich der Vergleich verschiedener Anbieter. Manche Hersteller setzen bewusst auf eine Clean-Label-Strategie und verzichten auf unnötige Zusatzstoffe, auch wenn das Produkt dadurch etwas teurer wird.
Gesundheitliche Langzeitfolgen im Blick behalten
Die meisten Zusatzstoffe in Laugenbrezeln sind in den verwendeten Mengen akut unbedenklich. Problematisch wird es erst bei der Akkumulation – dem täglichen Konsum kleiner Mengen über Jahre hinweg. Phosphate können langfristig die Nierenfunktion beeinträchtigen, während bestimmte Konservierungsstoffe das Darmmikrobiom verändern können.
Besonders Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen sollten auf eine ausgewogene Ernährung achten und nicht täglich zu industriell hergestellten Backwaren greifen. Die gelegentliche Laugenbrezel ist unbedenklich – die tägliche Portion zum Frühstück kann jedoch zur versteckten Zusatzstoffbelastung werden.
Letztendlich liegt die Entscheidung bei jedem Verbraucher selbst. Mit dem Wissen um versteckte Zusatzstoffe können Sie bewusster einkaufen und gegebenenfalls zu Alternativen greifen, die Ihren persönlichen Ansprüchen an Transparenz und Natürlichkeit entsprechen.
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